Gendergerecht und zugleich barrierearm zu schreiben, ist eigentlich nicht möglich. Texte, die zahlreiche Formulierungen wie „Mitarbeiter*innen“, „MitarbeiterInnen“, „Mitarbeiter:innen“ oder auch „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ enthalten, sind schwer zu lesen. Das gilt vor allem für Menschen, die nur schlecht lesen können. Auch für blinde und sehbehinderte Menschen ist das Gendern mit Satz- oder Sonderzeichen problematisch. Wenn wir sowohl diversitätssensibel als auch einfach schreiben möchten, müssen wir also Kompromisse eingehen.
Einfach schreiben
Wir bemühen uns deshalb grundsätzlich, unsere Texte einfach zu formulieren. Das hilft nicht nur Menschen mit Lern- und Leseschwierigkeiten, sondern kommt allen zugute, die unsere Texte lesen wollen bzw. sollen.
Das bedeutet zum Beispiel:
- Kurze Sätze schreiben (Faustregel: maximal 20 Wörter pro Satz)
- Verschachtelte Nebensätzen oder mehrere Nebensätze in einem Satz vermeiden
- Nominalstil und Substantivierungen vermeiden (selbst wenn Sätze dadurch kürzer werden)
- Seltene Fremdwörter und Fachbegriffe nur einsetzen, wenn sie wirklich notwendig sind
- Seltene Fremdwörter und Fachbegriffe bei der ersten Verwendung erklären
- Lange und schwierige Komposita (zusammengesetzte Wörter) vermeiden; wenn sie nötig sind, mit Bindestrich koppeln, insbesondere wenn eines der Wörter ein Fremdwort ist (z. B. Bürgerengagement → Bürger-Engagement)
- Doppelte Verneinungen vermeiden (nicht unpraktisch → praktisch)
- Füllwörter vermeiden
- Adjektive maßvoll einsetzen
Gender-Sternchen: Ja, aber …
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) rät davon ab, Satz- und Sonderzeichen zum Gendern zu verwenden. Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache und der Rat für deutsche Rechtschreibung empfehlen nur Gender-Schreibweisen, die der amtlichen Rechtschreibung entsprechen. Das Problem dabei: Regelkonforme Schreibweisen, die auch nicht-binäre Personen erkennbar einschließen, gibt es bislang nicht. Dennoch haben sich in den letzten Jahren Lösungen wie das Gender-Sternchen („Mitarbeiter*innen“), der Gender-Gap („Mitarbeiter_innen“) oder der Doppelpunkt („Mitarbeiter:innen“) zunehmend etabliert. Am weitesten verbreitet scheint das Gender-Sternchen zu sein. Trotz seiner grundsätzlichen Ablehnung von Sonderzeichen schreibt der DBSV:
Bei kubia verwenden wir deshalb das Gender-Sternchen, bemühen uns jedoch, es sparsam einzusetzen. Das bedeutet: Wir nutzen auch andere gut lesbare und verständliche Lösungen, um die Menge der gegenderten Personenbezeichnung in einem Text zu verringern. Das geht zum Beispiel so:
- Wir lösen Nominalisierungen auf (Steuerzahler*in → wer Steuern zahlt, Befürworter*in → alle, die dafür sind).
- Wir suchen Formulierungen mit ähnlicher Bedeutung, in denen keine Personenbezeichnung enthalten sind (Bürger-Engagement → freiwilliges Engagement).
- Wir verwenden geschlechtsneutrale Begriffe, sofern sie verständlich und gut lesbar sind (Pädagog*innen → Pädagogische Fachkräfte, Leiter*in = Leitung, Ansprechpartner*in → Ansprechperson, Lerner*innen → Lernende).[1]
- Wir vermeiden Komposita, die an erster Stelle ein gegendertes Wort enthalten. Diese sind besonders schwer zu lesen (Senior*innentheater, Teilnehmer*innenliste). Wenn sie doch verwendet werden, dann werden sie gekoppelt (Senior*innen-Theater).[2]
Außerdem vermeiden wir das Gender-Sternchen im Singular. Denn im Singular müssen meist auch Artikel und Attribute gegendert werden. Egal, welches Verfahren dafür genutzt wird, führt dies fast immer dazu, dass der Text schwerer zu lesen ist (unser*e neue*r Lehrer*in, unser/-e neue/-r Lehrer*in). Häufig ist es leicht möglich, anstelle einer Singular- eine Pluralform zu verwenden (jede*r Teilnehmer*in → alle Teilnehmer*innen).
Sollte ein Gendersternchen im Singular einmal unvermeidbar sein, werden Artikel und Attribute nicht mit Sternchen gegendert, sondern durch Schrägstriche und ggf. Bindestriche voneinander getrennt (Die/der Schauspieler*in, ein/eine ältere/-r Teilnehmer*in).
[1] Geschlechtsneutrale Begriffe haben allerdings das Problem, dass auch sie – ähnlich wie das generische Maskulinum – männlich gelesen werden, also andere Geschlechter unsichtbar machen. Deshalb sollten wir diese nur maßvoll und im Wechsel mit dem Gender-Sternchen einsetzen. Zudem sind geschlechtsneutrale Begriffe oft sperrig oder semantisch schief. Während wir mit „Sänger*in“ z. B. eine Person bezeichnen, die gerne singt oder das Singen beruflich betreibt, bezeichnen wir mit „Singende“ Personen, die gerade singen. Das macht aber niemand pausenlos. Deshalb sollten wir substantivierte Partizipien nur einsetzen, wenn die Bedeutung treffend ist oder sie bereits etabliert sind (z. B. Studierende).
[2] Es gibt auch die Empfehlung bei Komposita, die vorn ein zu genderndes Wort enthalten, auf das Gendern mit Sternchen zu verzichten. Sicherlich mutet es bei sehr gängigen Begriffen (Arztkoffer, Lehrerzimmer) seltsam an, diese zu gendern, und oft sind Alternativen wenig elegant. Dennoch ist es m. E. inkonsequent, hier aufs Gendern oder das Bemühen um Alternativen generell zu verzichten. Fast immer findet sich mit etwas Ausprobieren doch eine gute Lösung.