Wunderkammern – Inklusive und altersfreundliche Museumsarbeit
Die 26. Ausgabe des kubia-Magazins fragt, wie der Feminismus wissenschaftliche Diskurse, kulturelle Praxis und weibliche Biografien geprägt hat.
In der Carter Burden Gallery im hippen Stadtviertel Chelsea in Manhattan sieht es aus wie in jeder Kunstgalerie: weiße Wände, gute Beleuchtung, luftige Räume. Der Unterschied ist, dass dort nur Künstler*innen gezeigt werden, die älter als 60 Jahre sind. Über Altersdiskriminierung in der Kunstwelt und die Notwendigkeit von Kunsträumen für Ältere, die sich in jungen Jahren nicht auf dem Markt durchsetzen konnten, sprach kubia-Leiterin Almuth Fricke mit der Galeristin und Kuratorin Marlena Vaccaro.
Warum brauchen wir eine Galerie für ältere Künstler*innen?
Die Carter Burden Gallery wurde gegründet, um den sehr realen Bedarf an einer öffentlichkeitswirksamen Ausstellungsfläche für ältere professionelle Künstler*innen zu decken. Wir glauben, dass alle Menschen, insbesondere Künstler*innen, mit zunehmendem Alter nicht „weniger“ werden, sondern mehr. Sie sind hoch engagiert, künstlerisch gereift und fest verankert in ihrer lebenslangen künstlerischen Praxis. Unsere Aufgabe war und ist es, eine Gemeinschaft aus professionellen Künstler*innen zu gründen, die sich gegenseitig unterstützen, zu jeder Vernissage kommen, gegenseitig ihre Ateliers besuchen und sich dafür einsetzen, dass nicht nur die Kunstwelt, sondern die Gesellschaft ältere Menschen und ihre Leidenschaft für das Leben und ihre Arbeit mit anderen Augen sieht.
In letzter Zeit ist zu beobachten, dass Künstler*innen, vorwiegend Frauen, erst im hohen Alter „entdeckt“ werden. Hat sich die Wahrnehmung des Alterns seit der Eröffnung Ihrer Galerie verändert?
Ich glaube, dass sich die Einstellung gegenüber älteren Künstler*innen geändert hat, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns, bis wir die verdiente Parität erreicht haben. Die Künstler*innen, die wir ausstellen dürfen, haben nie den Glauben daran verloren, dass ihre Zeit kommen wird, in der sie wahrgenommen werden. Dabei spielt die Carter Burden Gallery eine wichtige Rolle.
Glauben Sie, dass das Alter Einfluss auf die Kreativität und die Arbeit von Künstler*innen hat?
Ein Teil dieses Prozesses, Kunst zu machen, ist, dass ein Werk gesehen wird, dass darüber diskutiert wird und dass es von jemandem gekauft wird, den es „anspricht“. Wenn Künstler*innen älter werden, finden einige sicherlich Antworten, aber viele stoßen, wie Künstler*innen jeden Alters, immer wieder auf neue Fragen, die jeden Tag neue Werke inspirieren.
Was sind die Aktivitäten der Carter Burden Gallery neben den Einzel- und Gruppenausstellungen? Und wie wird Ihre Arbeit finanziert und gefördert?
Im Laufe der Jahre hat die Carter Burden Gallery vielen Künstler*innen geholfen, sich und ihr Werk in sozialen Medien, auf Websites und mithilfe von professioneller Fotografie zu präsentieren. Sie erwerben auch notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen, um auf dem heutigen Kunstmarkt bestehen zu können. Die Wertschätzung, die Künstler*innen durch eine Ausstellung in einer Chelsea-Galerie erfahren, bedeutet eine nicht zu unterschätzende Motivation weiterzuarbeiten und an sich selbst zu glauben.
Wir finanzieren uns durch Spenden von privaten Unternehmen, den Verkauf von Werken, die Unterstützung von Stiftungen und den unermüdlichen Rückhalt und Glauben unseres Vorstands. Wie bei jeder Galerie oder gemeinnützigen Organisation ist die Finanzierung das wichtigste Anliegen.
Was sind Ihre nächsten Projekte und Pläne für die Galerie?
Wir freuen uns darauf, weiterhin neue Künstler*innen aufzunehmen (wir erhalten ca. 100 Einsendungen pro Monat), unsere bestehende Gemeinschaft im Wechsel auszustellen und zehn Ausstellungen pro Jahr zu veranstalten, was das Format „On The Wall“ in unserem öffentlichen Installationsraum einschließt.
Marlena Vaccaro ist eine in New York City lebende Malerin und Galeristin. Sie erhielt ihren Master of Fine Arts vom Pratt Institute und eröffnete in den 1980er Jahren ihre erste Galerie in New York City. Die Carter Burden Gallery, ein Programm des Carter Burden Network, wurde 2009 eröffnet. Marlena Vaccaro ist ihre Gründungsdirektorin und Kuratorin. Seit mehr als 30 Jahren sind das Engagement und der Wunsch, Kunsträume zu demokratisieren und Altersdiskriminierung, Sexismus und Elitismus, die so oft Teil der Kunstwelt sind, zu beseitigen, Vaccaros Motivation und Leidenschaft.
Gegründet wurde die Carter Burden Galerie 2009 von einer privaten Altenhilfe-Stiftung, dem Carter Burden Network. Diese macht älteren New Yorker*innen seit über 50 Jahren an sieben Standorten Kultur-, Gesundheits- und Bildungsangebote, bietet aber auch Soziale Dienste und Mittagstische an.